Grunow in der Kunst


Musikvideo: Sad Mermaid - Dolphin Therapy (2019)

»Was mich an der Umsetzung eines Musikvideos mit Grunows Lehre inspiriert hat, war die konzeptuelle Arbeit, die sich aus Wissenschaft und Kunst zusammensetzt. Nach einem Einblick in die Forschung zu Grunow v.a. durch das Buch Linn Burcherts und ihr Synästhesie-Seminar an der Humboldt-Universität im WS 2018/19, stellten sich für mich zwei wichtige Aspekte heraus, mit denen ich arbeiten wollte: die Weiterführung des „Erbes“ Grunows, um dadurch der in Vergessenheit geratenen Lehrenden sozusagen Tribut zu zollen und eine theoretische Auslegung ihrer Praxis in ein Videokonzept, das dann wiederum in etwas Praktisches umgewandelt werden würde.

Ausgangspunkt für die Musikvideo-Idee war ein Loop- und Kreissegment, das als Struktur für Tänzer stehen sollte. Der Song Dolphin Therapy ist musikalisch vorwiegend als Loop aufgebaut mit einer dramaturgischen Wendung nach der 3. Strophe und bildet damit die Loop-Grundlage. Die Grunow’sche Lehre, die in einer Kreisformation aufgebaut ist, passte daher sehr gut in unser Konzept.

Wir bewegten uns für das Musikvideo vor Ort durch eine Baustelle und durchliefen anhand der Tabellen mit den Grunow’schen Zuordnungen von Farbe, Bewegungsform und Material, die Burchert in ihrem Buch zusammenstellte, verschiedene Stationen. Diese sollten als einzelne Szenen im Video zuerst markiert und später verwendet werden. Wir gingen auch die vorhandenen Materialien, Farben und damit einhergehende mögliche Bewegungen durch, nach Beispiel der Zuordnungstabellen.

Holzpaletten wurden beispielsweise aus Materialsicht (Holz) mit der damit einhergehenden Bewegung ausgelegt. Diese wurde dann wiederum erweitert (vom liegenden zum eher dynamischen, dennoch kastenförmigen Bewegen). Verena Sepp, die die choreographische Leitung übernahm, erarbeitete für jede Szene mögliche Bewegungsmuster und ging diese am Tag des Drehs mit den zwei TänzerInnen durch.

Auf filmischer Ebene haben wir die Kreis- und Loop-Idee in einen Oneshot übersetzt: von Szene A beginnend und bei Szene A wieder endend folgt die Kamera einem Weg durch die Baustelle, folgt den TänzerInnen, den Musikerinnen. Das entstehende Bild wird ungeschnitten verwendet.

Die gesamte Bewegungsabfolge des Grunow’schen Kreises findet ihren Höhepunkt in der Kreisszene des Videos. Dabei dreht sich die Kamera um ihre eigene Achse und alle drei TänzerInnen durchlaufen in Wiederholung die 12 Bewegungen, bis sich der Kreis wieder auflöst. Das Konzept des Gleichgewichtes wird in der Szene mit den balancierenden Objekten deutlich: Teppiche, Holzröhren, die TänzerInnen bewegen sich sitzend, stehend, anlehnend und im direkten Austausch mit ihren Objekten. Zeitlich fällt diese Szene mit der dramaturgischen und musikalischen Wendung in dem Song zusammen: „I've lost my mind“ wird wiederholt gesungen bis der Song in seine anfängliche Struktur zurückgeht.

Die veröffentlichte Endfassung beinhaltet einen Introteil, der die TänzerInnen und die Band in einer „harmonischen“ Szene zeigt, angelehnt an Kostüme der Eurythmie und Lois Fuller, in weißem Gewand. Nach einem kurzen Blackout ist einer der Oneshots (von insgesamt vier, die gedreht wurden) mit der Musik synchronisiert und ungeschnitten belassen worden. Lediglich einige leichte Farbänderungen wurden vorgenommen und der Abspann mit Produktionstiteln eingefügt.«

 

Katharina Burchin studiert an der Humboldt-Universität zu Berlin Musikwissenschaft und Kunst- und Bildgeschichte. Seit 2018 beschäftigt sie sich mit kunsthistorischen und bildnerischen Themen in ihrer Videoarbeit. Als Musikerin brachte sie 2015 die EP Gestures und 2017 das Album Another Land heraus.

HINWEIS:  Alle Rechte des Films vorbehalten. Vervielfältigungen, Veröffentlichungen, Downloads etc., auch in Teilen, sind untersagt und bedürfen der Erlaubnis. Nehmen Sie bei Interesse bitte Kontakt mit der Künstlerin auf: Kosmos_cat[at]web.de.

 

 


Josephine Stella Coenen

 

Lineare Adaptionen der Studentin Josephine Coenen auf der Basis des bekannten Grunow-Porträts von 1936.

 


Pierre Haefelfinger

Pierre Haefelfingers Slidepictures sind Hommagen an Studentinnen und Künstlerinnen des Bauhauses. In dieser Werkreihe setzt der Schweizer Künstler (*1930) sich mit Motiven und Farben ihrer Werke auseinander. Eine seiner Hommagen widmet sich mit Grunow. In seinen Schiebebildern verwendet Haefelfinger übereinander angeordnete Holzleisten, die innerhalb einer Rahmenkonstruktion verschoben werden können. In den Arbeiten bleibt aufgrund der nicht deckend aufgebrachten Acrylfarbe die Maserung des Holzes sichtbar. Die Slidepictures sind darauf angelegt, nicht nur betrachtet, sondern auch berührt zu werden.

Gertrud Grunow Hommage, Slidepicture 204/2010, 48 x 51 cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Pierre Haefelfinger studierte Architektur in Burgdorf, Musik in Genève und Grafik in München. Er photographiert, zeichnet, malt, schafft Skulpturen in Stahl sowie Gebrauchsgegenstände in Metall. Kontakt zum Künstler können Sie über die folgende E-Mail-Adresse aufnehmen: pierre.haefelfinger@bluewin.ch.

 


Jenny Brockmann

August / September 2018

 

Im Rahmen des Projekts »Hitze Kälte Apparate. Bauhaus – Versuche am Gleichgewicht« während des Weimarer Kunstfestes 2018 widmete sich die Berliner Künstlerin Jenny Brockmann in drei Lecture- und Performance-Veranstaltungen sowie durch die Beteiligung an einer Ausstellung in der ACC-Galerie zentralen Aspekten der Grunow-Lehre mit Blick auf historische und aktuelle Fragen. Münden sollen diese ersten Annäherungen an Grunow in einer Ausstellung beim Kunstfest 2019.